Erbe
der Menschheit
Die
24 neuen UNESCO-Welterbestätten
Von
Kurt Schlünkes
Das
Welterbekomitee der UNESCO hat auf seiner 39. Tagung vom 28.
Juni bis 8. Juli 2015 in Bonn insgesamt 24 Stätten neu in
die Liste des Welterbes aufgenommen. Dazu zählen die historische
Weinlandschaft der Champagne, das arabisch-normannische Palermo
und die antike Stadt Ephesus in der Türkei. Deutschland verzeichnet
mit der Speicherstadt und dem Kontorhausviertel mit dem Chilehaus
in Hamburg bereits seine vierzigste Welterbestätte. Erstmals
sind Jamaika und Singapur in der Welterbeliste vertreten.
Drei Welterbestätten wurden erweitert.
Jamaika:
Die Blue and John Crow Mountains – die erste Welterbestätte
des Landes – zählen sowohl zum Kultur- als auch zum Naturerbe.
Die Blue Mountains sind die höchste Bergkette Jamaikas mit
Gipfeln über 2.200 Metern. Zusammen mit den angrenzenden John
Crow Mountains bilden sie den größten Nationalpark der karibischen
Insel. Die Blue Mountains gehören aufgrund der außergewöhnlich
hohen Anzahl endemischer Arten zu den globalen Hotspots der
Biodiversität. In dem tropischen Bergregenwald gedeihen seltene
Baumarten, Moose, Farne, Bromelien und Orchideen. Auch viele
Amphibien-, Vogel- und Säugetierarten, die weltweit als bedroht
gelten, leben hier. Der WWF zählt die Blue Mountains zu den
"Global 200 priority ecoregions" – den biologisch wertvollsten
Lebensräumen der Erde. Aber auch in kultureller Hinsicht haben
die Blue Mountains große Bedeutung. Sie sind eng verbunden
mit der Geschichte der Maroons und ihrem Freiheitskampf gegen
die Sklaverei. In den unzugänglichen Bergwäldern organisierten
die Maroons ihren Widerstand gegen die britische Kolonialmacht.
Granny Nanny, eine Anführerin der Windward Maroons, gründete
1720 in den Blue Mountains die erste freie Siedlung afrikanischer
Sklaven. Der Ort erhielt den Namen "Nanny Town". Bis heute
wird Granny Nanny auf Jamaika als Nationalheldin verehrt.
Mit der Aufnahme in die "Repräsentative Liste des immateriellen
Kulturerbes" der UNESCO fand das Erbe der Maroons bereits
2008 internationale Anerkennung.
China:
Die Tusi-Stätten in Laosicheng und Tangya und die Festung
von Hailongtun repräsentieren Chinas Stammeshäuptlingssystem
während der Ming- und Qing-Zeit. Vom 13. bis Anfang des 20.
Jahrhunderts wurden die "Tusi" von der Zentralregierung als
erbliche Herrscher ihrer Regionen ernannt. Die chinesischen
Kaiser führten das Tusi-System ein, um die in den südlichen
Provinzen lebenden Eingeborenenstämme in das Regierungssystem
zu integrieren. Dieses politische System ermöglichte es den
Stammeshäuptlingen ethnischer Minderheiten, ihre Region sowohl
auf Basis des Kaiserrechts als auch ihrer lokalen Bräuche
zu regieren. Von den ehemaligen Herrschaftsbezirken der Tusi
zeugen die Überreste von Festungsanlagen, Grenzmauern und
Grabstätten der Stammeshäuptlinge.
Dänemark:
Christiansfeld ist eine außergewöhnlich gut erhaltene
Herrnhuter-Siedlung in Südjütland. Sie wurde 1773 als Kolonie
der ursprünglich aus Herrnhut in Sachsen stammenden Brüdergemeine
gegründet und spiegelt die Ideale dieser evangelisch-lutherischen
Glaubensgemeinschaft wider. Die Siedler erbauten die Stadt
um einen zentralen Kirchplatz. Die auffällig schlichte Kirche,
die kaum Schmuck enthält, und das noch heute intakte Gebäudeensemble
mit großen Gemeinschaftshäusern für Witwen und unverheiratete
Mitglieder der Brüdergemeine veranschaulichen die Idee der
Gleichheit und Harmonie und den einfachen Lebensstil der Gemeinschaft.
Christiansfeld hat seine ursprüngliche Architektur mit homogenen
Gebäudegruppen, einheitlich in Stil, Form und Material, bis
heute bewahrt. Die Siedlung ist eines der am besten erhaltenen
Beispiele für die Handwerkstradition und die Prinzipien der
Stadtplanung und Architektur der Herrnhuter Brüdergemeine
in Skandinavien.
Dänemark:
Die Parforcejagdlandschaft in Nordseeland veranschaulicht
beispielhaft eine bedeutende Etappe der Landschaftsgestaltung
in Europa. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Wälder speziell
für die Parforcejagd hergerichtet. Die höfische Jagdmethode
erforderte eine radiale Einteilung des Reviers. Um das Gelände
vollständig überblicken zu können, wurden in den Wäldern sternförmig
Schneisen angelegt. Ausgehend von einem Rondell konnte die
königliche Jagdgesellschaft über geradlinige Wegachsen das
Gebiet rasch und bequem passieren. Der sogenannte Jagdstern
– mit einem Jagdschloss als Zentralbau – verweist auf die
ästhetischen Ideale des Barock und die Herrschaftsvorstellungen
des Absolutismus. Der Jagdstern ist ein Sinnbild der Macht:
Wege und Blickachsen strahlen vom Herrscher aus in alle Richtungen.
Das geometrische Landschaftsdesign folgte Vorbildern aus Frankreich
und Deutschland. Diese Modelle wurden im dänischen Königreich
den speziellen Anforderungen der Parforcejagd angepasst. Repräsentative
Beispiele für die Parforcejagdlandschaft in Nordseeland sind
die historischen Jagdreviere Store Dyrehave und Gribskov und
die ehemaligen königlichen Jagdparks Jægersborg Dyrehave und
Jægersborg Hegn.
Deutschland:
Die Hamburger Speicherstadt ist das größte zusammenhängende,
einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt. Bis heute
ist die Speicherstadt in nahezu unveränderter historischer
Gestaltung erhalten und vermittelt in einzigartiger Weise
die maritime Industriearchitektur des Historismus. Sie wurde
zwischen 1885 und 1927 in drei Bauabschnitten auf einer Inselgruppe
in der Elbe errichtet. Die Speicherstadt besteht aus 15 aus
rotem Backstein in neogotischen Architekturformen erbauten
großen Lagerhäusern und kleineren Nebengebäuden, die durch
Straßen, Wasserstraßen und Brücken miteinander verbunden sind.
Das benachbarte Kontorhausviertel mit den Kontoren
der hafen- und schifffahrtsabhängigen Unternehmen wurde zwischen
1920 und 1940 erbaut. Architektonisch bedeutsam ist insbesondere
das von Fritz Höger errichtete Chilehaus. Mit seiner
an einen Schiffsbug erinnernden Spitze und seinen Fassaden
aus dunkelrot bis violett gebrannten Backsteinen gilt es als
eine Ikone des "Klinkerexpressionismus". Das hochwertige Design
und die funktionelle Konstruktion des Chilehauses sowie der
Kontorhäuser Meßberghof, Sprinkenhof und Mohlenhof zeugen
von den modernen architektonischen und städtebaulichen Konzepten,
die Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge des raschen Wachstums
im internationalen Handel entstanden. Das Kontorhausviertel
in Hamburg war das erste reine Büroviertel auf dem europäischen
Kontinent.
Frankreich:
Die "Climats" in Burgund sind präzise abgegrenzte
Weinbauparzellen, die sich wie ein Mosaik über die Hanglagen
zwischen Dijon und Santenay erstrecken. Nur in Burgund werden
die Reblagen in den Weinbergen nicht als "Terroirs", sondern
als "Climats" bezeichnet. Der Begriff wird erstmals in Schriften
des 16. Jahrhunderts erwähnt. "Climat" bezeichnet eine Kombination
von Eigenschaften der Weinlage. Dazu gehören unter anderem
die Hangausrichtung, die natürliche Beschaffenheit des Bodens,
das Mikroklima und die historische Anbauweise. Die Essenz
eines Climats spiegelt sich in der Farbe, Textur und dem Aroma
der Weine wider. Über die Jahrhunderte sind mehr als 1.000
individuelle Climats entstanden. Diese traditionelle Form
des Weinbaus hat in Burgund eine außergewöhnliche Kulturlandschaft
geformt.
Frankreich:
Weinberge, Weinhäuser und Weinkeller der Champagne. Die
historischen Weingärten und Kellereien von Hautvillers, Aÿ
und Mareuil-sur-Aÿ, die Anhöhe von Saint-Nicaise in Reims
und die Avenue de Champagne in Épernay zeugen von den Ursprüngen
und der Entwicklung des traditionellen Weinbaus in der Champagne.
Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich die Region zu
einer agrar-industriellen Kulturlandschaft. Zum baukulturellen
Erbe aus dieser Zeit gehören repräsentative Industriegebäude
sowie die großbürgerlichen Anwesen der Champagner-Winzer.
Daneben ist eine Vielzahl historischer Produktions- und Vertriebsstätten
erhalten, die Einblicke in die hohe Kunst der Champagner-Herstellung
geben. Bis heute werden für die Weinbereitung und Lagerung
alte Steinbrüche als Weinkeller genutzt, die riesigen unterirdischen
Kathedralen gleichen. Die heutige Kulturlandschaft der Champagne
ist das Ergebnis eines langen Gestaltungsprozesses, mit dem
tiefgreifende technische, soziale und ökonomische Veränderungen
verbunden waren. Die Weinerzeugung entwickelte sich von einer
handwerklichen Kultur hin zur industriellen Massenproduktion
für einen weltweiten Markt. Der besondere Charakter der Kulturlandschaft
beruht nicht zuletzt auf der symbolischen Bedeutung des Champagners.
Der perlende Wein, der nach streng festgelegten Regeln in
der Champagne angebaut und gekeltert wird, gilt in vielen
Teilen der Welt als das festlichste aller Getränke.
Großbritannien:
Die Forth Bridge, die den "Firth of Forth" – die Mündung
des Flusses Forth – an der Ostküste von Schottland überspannt,
verbindet Edinburgh und die Halbinsel Fife. Die Eisenbahnbrücke
gilt als Meilenstein in der Brückenkonstruktion. Sie wurde
1890 fertiggestellt und war mit über 2,5 Kilometern seinerzeit
die längste Stahlauslegerbrücke der Welt. Die Verwendung von
Stahl im Brückenbau war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine
Innovation. Das Fundament der Brücke bilden drei massive,
110 Meter hohe Granitpfeiler mit Fachwerkträgern zu jeder
Seite. Die Auslegerarme jedes Trägers haben eine Spannweite
von 207 Metern. Das Gesamtgewicht der Brücke beträgt 54.000
Tonnen. Nicht nur wegen ihrer enormen Ausmaße war die Forth
Bridge seinerzeit eine Ikone. Innovativ waren auch das Design,
die industrielle Ästhetik und die markante rote Farbe. Die
Brücke ist bis heute in Betrieb.
Iran:
Die historische Kulturlandschaft von Maymand liegt
in der Bergregion der iranischen Provinz Kerman. Die dort
lebenden Menschen sind Halbnomaden, die im Frühjahr und Herbst
mit ihren Tieren auf die Almen ziehen, wo sie in provisorischen
Siedlungen wohnen. In den Wintermonaten leben sie weiter unten
im Tal in einem Höhlendorf. Die Wohnstätten des Dorfes bestehen
aus mehreren 16 bis 20 Quadratmeter großen Felshöhlen, die
auf mehrstöckigen Terrassen angelegt sind. Seit Jahrtausenden
ist das Höhlendorf permanent bewohnt. Aufgrund des geringen
Niederschlags in der Region wird das Dorf durch zwei unterirdische
Aquädukte mit Wasser versorgt. Heute leben in Maymand nur
noch 140 Menschen, die ihre traditionelle Lebensweise in Harmonie
mit der Natur bewahrt haben. Maymand wurde 2005 mit dem Melina
Mercouri-Preis der UNESCO für die Erhaltung von Kulturlandschaften
ausgezeichnet.
Iran:
Susa ist eine der ältesten durchgehend besiedelten Städte
der Welt. Im späten 5. Jahrtausend vor Christus entwickelte
sich die Stadt zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum am Knotenpunkt
der antiken Handelsstraße zwischen Mesopotamien und der iranischen
Hochebene. Vom 3. bis 1. Jahrtausend v. Chr. war Susa die
Hauptstadt der Elamiter. Unter den Achämeniden wurde Susa
Residenzstadt. Später fiel die Stadt unter die Herrschaft
der Mazedonier, der Parther und der Sassaniden. Grabungsfunde
aus der über 5.000-jährigen Siedlungsgeschichte machen Susa
zu einer Schatzkammer der Archäologie. Zu den ältesten Überresten
zählen die Akropolis (circa 4.000 v. Chr.) und die elamitische
Königsstadt, aus achämenidischer Zeit stammen die Paläste
von Darius I. und seines Nachfolgers Artaxerxes II. (ca. 400
v. Chr.). Aus mehreren übereinanderliegenden Schichten legten
Archäologen Siedlungsreste, Gebäude und Artefakte aus den
verschiedenen Epochen frei. Susa ist eine der wenigen archäologischen
Stätten im Nahen Osten, die anhand von Grabungsfunden die
Entwicklung von Stadtplanung und Architektur über einen Zeitraum
von mehr als fünf Jahrtausenden und unter dem Einfluss unterschiedlicher
Kulturen dokumentiert.
Israel:
Die Nekropole von Bet She'arim ist ein außergewöhnliches
Zeugnis des antiken Judentums. Im 2. Jahrhundert nach Christus
war Bet She'arim die wichtigste jüdische Begräbnisstätte außerhalb
von Jerusalem. Die unterirdischen Grabstätten der Nekropole
sind eine Schatzkammer mit eklektischen Kunstwerken, reichen
Verzierungen und Inschriften in aramäischer, griechischer
und hebräischer Sprache. Sie bezeugen eine Periode der Wiederbelebung
der jüdisch-religiösen Kultur. Bet She'arim steht in enger
Verbindung mit dem Patriarchen Rabbi Jehuda, einem der geistigen
und politischen Führer des jüdischen Volkes und Verfasser
der Mischna, der ersten größeren Niederschrift der mündlichen
Tora. Rabbi Jehuda ha-Nasi lebte und arbeitete in Bet She'arim.
Daher gilt der Ort als ein Wahrzeichen der jüdischen Erneuerung.
Italien:
Das arabisch-normannische Palermo und die Kathedralen von
Cefalù und Monreale repräsentieren das baukulturelle Erbe
des Königreichs Sizilien. Palermo war von 1130 bis 1194 die
Hauptstadt dieses multikulturellen Königreiches. Die normannischen
Herrscher verwoben bei ihren Kirchen- und Schlossbauten die
Stilelemente aus Morgenland und Abendland und schufen damit
eine neuartige und unvergleichliche Architektur. Zu den Juwelen
dieser Baukunst zählen neben den Kathedralen von Palermo,
Cefalù und Monreale der Königspalast in Palermo und die Cappella
Palatina, das Schloss Zisa, die Kirchen San Giovanni degli
Eremiti, Santa Maria dell'Ammiraglio und San Cataldo sowie
die Ponte dell'Ammiraglio. Zusammen sind diese Baudenkmäler
ein hervorragendes Beispiel für den Synkretismus zwischen
westlichen, islamischen und byzantinischen Kulturen, der den
arabisch-normannischen Stil geprägt hat. Dieser neue Stil
hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der mittelalterlichen
Architektur in Süditalien und im Mittelmeerraum.
Japan:
Stätten der industriellen Revolution in der Meiji-Zeit.
Das Ensemble von insgesamt 23 Industriedenkmälern an elf Standorten
illustriert die beispiellose industrielle Revolution des Landes
nach dem Vorbild der westlichen Welt. Die schnelle Industrialisierung
Japans Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts gründete
auf der Entwicklung der Eisen- und Stahlindustrie, des Schiffbaus
und des Kohlebergbaus. Die erste Phase der Industrialisierung
Japans in den 1850er Jahren war eine Zeit des Experimentierens
in der Roheisenerzeugung und im Schiffbau. Um die Seeverteidigung
zu stärken, wurde die Industrialisierung von lokalen Clans
vorangetrieben, die dabei auf das Wissen der westlichen Welt
zurückgriffen und westliche Technologien kopierten. In der
zweiten Phase während der Meiji-Ära in den frühen 1870er Jahren
forcierte Japan die Einfuhr von Technologien aus Westeuropa
und Amerika, um sich das Know-how des Westens anzueignen.
Anfang des 20. Jahrhunderts war die Industrialisierung erfolgreich
abgeschlossen. Japanische Ingenieure entwickelten die westliche
Technologie weiter, um sie schrittweise den spezifischen nationalen
Bedürfnissen anzupassen, schafften neue Innovationen und führten
die japanische Schwerindustrie zu Weltrang. Die Einschreibung
der Stätte war ein historischer Moment. Im Rahmen der Welterbekomiteesitzung
erklärte Japan, dass in den 1940er Jahren Menschen aus Südkorea
gegen ihren Willen in den Industriestätten unter harten Bedingungen
arbeiten mussten. Die japanische Regierung erklärte auch,
diesen Teil der Historie der Welterbestätte der Öffentlichkeit
zu vermitteln.
Jordanien:
Taufstätte "Bethanien jenseits des Jordans" (Al-Maghtas).
Die historische Siedlung Bethanien liegt zwei Kilometer östlich
des Jordans, etwa 50 Kilometer vor der jordanischen Hauptstadt
Amman. Laut biblischer Überlieferung ist sie der Wohn- und
Wirkungsort Johannes des Täufers. Bethanien liegt am Fuße
eines Hügels, der bereits in vorchristlicher Zeit als heiliger
Ort galt: Hier soll einst der Prophet Elias in den Himmel
gefahren sein. Gleichzeitig liegt Bethanien auf der antiken
Pilgerroute von Jerusalem zum Berg Nebo. Die Ausgrabungen
in der Region zählen zu den wichtigsten archäologischen Entdeckungen
des heutigen Jordaniens. Zwischen der historischen Siedlung
und dem Fluss wurde neben weiteren Gebäuden eine große Kirche
aus spätbyzantinischer Zeit entdeckt. Es wird vermutet, dass
das Gotteshaus am Flussufer den Taufort Jesu markieren sollte.
Nach dem Evangelium des Johannes war Bethanien der Ort, an
dem die Jordan-Taufe des Jesus von Nazareth stattgefunden
hat.
Republik
Korea: Historische Stätten der Baekje-Dynastie. Das Königreich
Baekje war eines der drei Königreiche, die zwischen dem 1.
und 7. Jahrhundert n. Chr. die koreanische Halbinsel beherrschten.
Von dem kulturellen Erbe aus dieser Zeit zeugen die historischen
Bereiche von Buyeo, Gongju und Iksan, den drei ehemaligen
Hauptstädten des Königreichs Baekje. Repräsentative Beispiele
aus der Blütezeit des Königreichs (475 bis 660 n. Chr.) sind
die Festung Gongsanseong in Gongju und die Königsgräber in
Songsan-ri, die Festung Busosanseong und der Jeongnimsa-Tempel
in Buyeo, die Königsgräber in Neungsan-ri, der königliche
Palast in Wanggung-ri sowie der Mireuksa-Tempel in Iksan.
Sie veranschaulichen die Prinzipien der Stadtplanung, Architektur
und Kunst, die chinesische Vorbilder und die Lehren des Buddhismus
aufgriffen. Die archäologischen Stätten sind Zeugnisse für
den kulturellen Austausch zwischen den alten Königreichen
in Korea, China und Japan sowie für die Verbreitung des Buddhismus
in Ostasien.
Mexiko:
Aquädukt von Padre Tembleque. Der nach dem Franziskanermönch
Padre Tembleque benannte Aquädukt wurde zwischen 1554 und
1571 erbaut und gilt als ein architektonisches Meisterwerk
des Wasserbaus. Die Franziskaner errichteten den Aquädukt
nach dem Vorbild der römischen Wasserleitungen, während die
Baumeister der indigenen Gemeinschaften ihre Kenntnisse von
den Bautraditionen der mesoamerikanischen Kulturen einbrachten.
So besteht das Mauerwerk des Aquädukts vorwiegend aus Lehmziegeln,
die Architektur der Arkaden mit den typischen Rundbögen hingegen
folgt europäischen Modellen aus der Römerzeit. Die Hauptarkade
des Aquädukts bei Tepeyahualco besteht aus 67 Rundbögen, die
eine Höhe von bis zu 40 Metern erreichen. Der Kanal des Aquädukts
überbrückt Täler und Schluchten und erstreckt sich auf einer
Gesamtlänge von 48 Kilometern. Er beginnt am Hang des Vulkans
Tecajete, westlich der Stadt Zempoala im Bundesstaat México,
und endet in der Stadt Otumba im Bundesstaat Hidalgo.
Mongolei:
Der Heilige Berg Burkhan Khaldun ist laut Überlieferungen
Geburtsort und Grabstätte von Dschingis Khan und gilt als
Sinnbild des mongolischen Reiches, das den eurasischen Kontinent
im 12. und 13. Jahrhundert maßgeblich prägte. Neben dem Burkhan
Khaldun gelten sechs weitere Berge als heilig und stehen seit
1994 unter staatlichem Schutz. Die Anbetung heiliger Berge
und Quellen ist ein wesentlicher Bestandteil der mongolischen
Kultur. Die ursprünglich schamanischen Rituale wurden dabei
um buddhistische Lehren und Praktiken erweitert. Sie umfassen
deshalb heute neben traditionellen Segenssprüchen, Volksliedern
und Opfergaben von Milch und Tee auch den Vortrag buddhistischer
Lehrreden, sogenannter Sutras. Als unberührte Landschaften
spielen die heiligen Berge auch eine wichtige Rolle für die
Erhaltung bedrohter Tier- und Pflanzenarten.
Norwegen:
Die Industriestätten in Rjukan und Notodden im Regierungsbezirk
Telemark in Südnorwegen bezeugen die Pionierleistungen der
norwegischen Wasserkraftindustrie und den damit verbundenen
Aufschwung der jungen Industrienation zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Der Bau zweier bahnbrechender Wasserkraftwerke schaffte in
Rjukan die Voraussetzung für die energieintensive Massenproduktion
von Kunstdünger. Innerhalb kürzester Zeit erlangte die Stadt
internationalen Rang als Produzent von Düngemitteln für die
weltweite Landwirtschaft. Das von dem Konzern Norsk Hydro
erbaute Kraftwerk war zu dieser Zeit die größte Turbinenanlage
weltweit. 1915 nahm der Konzern ein noch leistungsfähigeres
Wasserkraftwerk in Betrieb, das die chemische Schwerindustrie
mit Strom versorgte. Im Zuge der Industrialisierung entwickelte
sich Rjukan in weniger als 20 Jahren von einer Bauerngemeinde
zu einer Arbeitersiedlung mit mehreren tausend Einwohnern.
Norsk Hydro investierte in Infrastruktur und Wohnungsbau.
Die vom Konzern beauftragten Architekten entwarfen eine Stadt
mit einer eindrucksvollen Architektur und hohen sozialen Standards.
Die meisten der zentralen Gebäude und die zwei Kraftwerke
sind gut erhalten. In einem der Kraftwerksgebäude befindet
sich heute das norwegische Industriearbeitermuseum, das die
technologische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung, die
mit der industriellen Nutzung der Wasserkraft einherging,
dokumentiert.
Saudi-Arabien:
Felszeichnungen in Ha'il. Im Nordwesten der Provinz Ha'il
am Rande der Wüste Nefud befinden sich die zwei größten und
reichhaltigsten Fundorte von Felsbildern auf der arabischen
Halbinsel. In den Sandsteinfelsen des Jabal Umm Sanman entdeckten
Archäologen 490 Fundstellen mit insgesamt über 4.000 Felszeichnungen.
Sie zeugen vom Leben der Menschen, die sich in der einst fruchtbaren
Oase Jubbah angesiedelt haben. Die Felsbilder zeigen Darstellungen
von Menschen und Tieren, Jagdszenen, abstrakte Malereien und
Inschriften. Sie stammen aus vier Siedlungsphasen während
der Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit sowie aus frühislamischer
Zeit. Die ältesten Bilder werden Beduinen zugeschrieben, die
vor etwa 10.000 Jahren in Jubbah lebten, als dort noch ein
großer Binnensee existierte. Die Schutzzone rund um den Jabal
Umm Sanman umfasst mehr als 24 Quadratkilometer. Die zweite
bedeutende Fundstätte ist das archäologische Schutzgebiet
Shuwaymis mit einer der größten und außergewöhnlichsten Sammlungen
von Tierzeichnungen. Auf mehreren hundert Felsbildern sind
Kamele, Gazellen, Leoparden, Pferde, Hunde und Auerochsen
dargestellt.
Singapur:
Der botanische Garten von Singapur – die erste Welterbestätte
des Landes – gehört mit seinen über 3.000 tropischen Pflanzenarten,
einem Regenwaldpark und einem riesigen Orchideengarten zu
den schönsten und wissenschaftlich bedeutendsten botanischen
Gärten der Welt. Seine Geschichte reicht 150 Jahre zurück,
bis in die Zeit der britischen Kronkolonie. Ursprünglich wurde
er im englischen Stil als Landschaftsgarten angelegt. Später
diente er als Wirtschaftsgarten und zur Pflanzenzucht. Unter
anderem spielte er eine Schlüsselrolle bei der Züchtung von
Kautschukbäumen. Seit dem 19. Jahrhundert entwickelte er sich
zu einem der wichtigsten Zentren für Pflanzenforschung in
Südostasien und leistete international bedeutende Beiträge
im Bereich der tropischen Botanik und der Gartenbauwissenschaften.
Als Zeugen seiner wechselvollen Geschichte blieben zahlreiche
historische Landschaftselemente erhalten. Heute dient der
botanische Garten im Herzen der Stadt Singapur vor allem als
Ort der Bildung und Erholung für jährlich über vier Millionen
Besucher.
Türkei:
Die antike Stadt Ephesus lag ursprünglich direkt am
Meer mit einem Hafen an der Mündung des Kaystros. Durch das
Zurückweichen des Meeres verlandete der Hafen und die Küstenlinie
verschob sich stetig weiter nach Westen, sodass Siedlungsteile
mehrfach neu aufgebaut werden mussten. Die archäologischen
Reste der Stadt aus hellenistischer und römischer Zeit befinden
sich heute mehrere Kilometer landeinwärts. Ausgrabungen in
den letzten 150 Jahren legten weltweit bedeutende Monumente
frei, wie die Ruine des berühmten Tempels der Artemis, eines
der "Sieben Weltwunder" der Antike. Zu den wichtigsten Funden
aus der Zeit des römischen Kaiserreiches gehören die Celsus-Bibliothek
und das Große Theater. Vom Lebensstil der römischen Gesellschaft
zeugen antike Terrassenhäuser mit Wandmalereien, Mosaiken
und Marmorverkleidungen. Im Ruinenfeld von Ephesus befinden
sich außerdem das Haus der Jungfrau Maria und die Kirche des
Heiligen Johannes. Die Moschee von Isa Bey und die mittelalterliche
Siedlung auf dem Stadthügel Ayasoluk zeugen von der Eroberung
der Stadt durch die Seldschuken und osmanischen Türken. Die
archäologischen Stätten von Ephesus geben Aufschluss über
die einzigartige Siedlungsgeschichte der Stadt, die einerseits
von natürlichen Umweltveränderungen und andererseits von den
Einflüssen unterschiedlicher Kulturen geprägt war.
Türkei:
Festung von Diyarbakir und Kulturlandschaft Hevsel-Gärten.
Die Zitadelle von Diyarbakir ist eine der größten antiken
Festungsanlagen der Welt. Diyarbakir im Südosten Anatoliens
am Ufer des Tigris wurde vor mehr als 8.000 Jahren gegründet.
An der historischen Stadtmauer kann man die Siedlungsgeschichte
ablesen. Römer, Assyrer und Byzantiner haben ihre Spuren hinterlassen.
Die Stadtmauer umfasst eine Innen- und Außenburg. Sie besitzt
16 Türme und fünf mit Inschriften und Reliefs versehene Stadttore.
Die Wände der Außenburg aus schwarzem Basalt sind bis zu zwölf
Meter hoch und drei Meter dick. Ihre vier mächtigen Haupttore
zeigen in die vier Himmelsrichtungen. Im Südosten befinden
sich die Hevsel-Gärten, die über Jahrtausende die Bewohner
der Stadt mit Obst und Gemüse versorgt haben. Diese alte Kulturlandschaft
wurde gemeinsam mit der Zitadelle in die Welterbeliste aufgenommen.
Uruguay:
Die Industrielandschaft von Fray Bentos ist ein frühes
Beispiel für die Industrialisierung der Lebensmittelherstellung.
1863 gründete der deutsche Ingenieur Georg Christian Giebert
in Fray Bentos die weltweit erste Fleischextrakt-Fabrik, die
zwei Jahre später in die "Liebig’s Extract of Meat Company"
überging. Nach dem Verfahren des deutschen Chemikers Justus
von Liebig und mit in England entwickelten Maschinen wurde
in Fray Bentos, das über riesige Rinderherden verfügte, tonnenweise
Fleischextrakt hergestellt und über den Hafen am Rio Uruguay
nach Europa verschifft. 1924 wurden die Fabrikanlagen von
der "Frigorífico Anglo del Uruguay S.A." erworben und unter
diesem Namen weitergeführt. Die Fabrik in Uruguay versorgte
den globalen Markt wie auch die Armeen der beiden Weltkriege
mit Fleischpasten und Corned Beef. Große Teile der Fabrik
mit ihren Kühlhäusern, Werkhallen, Maschinen und Kaianlagen
sind nahezu original erhalten. Der historische Industriekomplex
umfasst außerdem zugehörige Landgüter und Arbeitersiedlungen.
Die Geschichte der Fabrik und die damit einhergehenden technologischen,
wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen werden im "Museum
der industriellen Revolution" umfassend dokumentiert.
Vereinigte
Staaten von Amerika: Die Missionen in San Antonio
illustrieren die Zeit der spanischen Kolonialisierung des
amerikanischen Südwestens. Auf einer Strecke von circa zwölf
Kilometern entlang des San Antonio River im südlichen Texas
befinden sich die fünf ehemaligen spanischen Missionsstationen
Valero (Fort Alamo), Espada, San Juan, San José und die Rancho
de las Cabras. Sie wurden im frühen 18. Jahrhundert von Franziskanermönchen
erbaut und dienten der Evangelisierung der indigenen Bevölkerung
sowie der Verteidigung der Nordgrenze von Neuspanien. Die
Missionen sind Bestanteil des "San Antonio Missions National
Historical Park" und wurden aufwändig restauriert. Alle Komponenten
der Missionen, die das Zusammenleben in einer sich selbsterhaltenden
sozioökonomischen Gemeinschaft veranschaulichen, sind nahezu
authentisch erhalten: Kirchengebäude, Wohnhäuer, Werkstätten
und Viehställe sowie Brunnen und landwirtschaftliche Bewässerungssysteme.
In den Missionen lebten die spanischen Missionare in enger
Gemeinschaft mit Menschen aus der indianischen Bevölkerung.
Viele Coahuilteken wohnten hier und arbeiteten auf den landwirtschaftlichen
Anwesen der Missionen. Durch die gemeinsame Nutzung von Wissen
und handwerklichen Fähigkeiten und die Annahme einer gemeinsamen
Sprache und Religion entstand eine Gemeinschaft mit einer
eigenen kulturellen Identität, weder ganz autochthon noch
ganz spanisch. Die Missionen in San Antonio sind ein hervorragendes
Beispiel für den fruchtbaren Austausch und die enge Verflechtung
der spanischen und indianischen Kultur. Anschaulich wird dies
zum Beispiel in den Kirchen, die sowohl mit christlichen Symbolen
als auch kunstvollen Malereien der Coahuilteken dekoriert
sind.
Erweiterungen
Drei
Welterbestätten wurden erweitert:
Spanien:
Pilgerrouten nach Santiago in Nordspanien. Die Welterbestätte
"Pilgerwege nach Santiago de Compostela" wurde um vier christliche
Pilgerrouten in Nordspanien erweitert. Dazu gehören die Pilgerrouten
an der nordspanischen Atlantikküste, im Baskenland, in der
Region La Rioja und in der Bergregion Liébana in Kantabrien.
Zusammen bilden diese vier Pilgerrouten ein knapp 1.500 Kilometer
langes Wegenetz. Das gemeinsame Ziel, das alle historischen
Wege der Pilgerroute verbindet, ist das Grab des Apostels
Jakobus des Älteren in Santiago de Compostela in Galicien.
Nach der Entdeckung des Grabs im 9. Jahrhundert wurde Santiago
de Compostela neben Rom und Jerusalem zum dritten Hauptziel
der christlichen Pilgerfahrt. Die Hauptroute des Jakobswegs
in den spanischen Pyrenäen zählt bereits seit 1993 zum Welterbe.
1998 hat die UNESCO die französischen Pilgerstraßen nach Santiago
ebenfalls in die Welterbeliste aufgenommen.
Südafrika:
Die Schutzregion Cape Floral wurde 2004 wegen ihres
außergewöhnlichen Pflanzenreichtums als Weltnaturerbe anerkannt.
69 Prozent der geschätzten 9.000 Pflanzenarten in der Region
sind endemisch. Cape Floral ist als einer der 35 wichtigsten
terrestrischen Biodiversitäts-Hotspots der Welt anerkannt.
Die Schutzregion hat zudem wissenschaftliche Bedeutung für
die Erforschung biologischer und ökologischer Prozesse. Auf
Antrag Südafrikas wurde das Gebiet des Weltnaturerbes auf
eine Gesamtfläche von mehr als einer Million Hektar vergrößert.
Dadurch soll ein noch besserer Schutz der endemischen Pflanzenwelt
und insbesondere der Vegetation von Hartlaubgewächsen (Fynbos)
sichergestellt werden. Die Fynbos-Vegetation in Cape Floral
ist weltweit einzigartig.
Vietnam:
Der Nationalpark Phong Nha-Ke Bang liegt in Zentralvietnam
direkt an der Grenze zu Laos. Er gehört seit 2003 zum Weltnaturerbe.
Die Karstformation des Nationalparks hat sich seit dem Paläozoikum
– vor etwa 400 Millionen Jahren – entwickelt und ist die älteste
bedeutende Karstregion in Asien. In dem weitgehend von tropischem
Wald bedeckten Karstgebiet gibt es ausgedehnte Höhlensysteme
mit Hunderten von Grotten und lange unterirdische Flüsse.
Der Nationalpark ist Lebensraum vieler seltener Arten, darunter
in ihrem Bestand bedrohte Primatenarten wie der Rotschenklige
Kleideraffe. Durch die Erweiterung der Naturerbestätte von
bislang 85.000 auf nunmehr über 126.000 Hektar werden zusätzliche
intakte Ökosysteme und wichtige Wassereinzugsgebiete in die
Schutzzone integriert.
Auf
der UNESCO-Liste des Welterbes stehen jetzt insgesamt 1.031
Stätten aus 163 Ländern: 802 Kulturerbestätten und 197 Naturerbestätten,
32 Stätten zählen sowohl zum Kultur- als auch zum Naturerbe.
Deutschland ist mit 40 Stätten auf der Welterbeliste vertreten.
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