Gemeinsam
gegen Doping und Manipulation
Weltkonferenz
der Sportminister verabschiedet Maßnahmenkatalog
Von
Kurt Schlünkes
"Null Toleranz gegenüber Doping im Sport, Korruption
und Spielmanipulation". Mit einem deutlichen Appell
für Fair Play eröffnete UNESCO-Generaldirektorin Irina
Bokova zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Innenminister Hans-Peter Friedrich am 29. Mai 2013 in
Berlin die 5. Weltkonferenz der Sportminister. 500 Delegierte
aus über 130 Ländern führten eine Bestandsaufnahme von
Entwicklungen im Sport der letzten Jahre durch und formulierten
eine Agenda für die wichtigsten aktuellen Themen der
internationalen Sportpolitik.
"Ziel ist stets, die positiven Effekte des Sports und
seine Vorbildfunktion zu nutzen und zu fördern", sagte
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bei der Eröffnung
der Weltsportministerkonferenz. Sport fesselt und vermittelt
Werte wie Teamgeist, Fairness und Toleranz. Sport wirkt
als Integrationsmotor und führt Menschen jeden Alters
und verschiedenster Herkunft, unabhängig von Hautfarbe,
Bildung oder Religion, zusammen. Deshalb ist es umso
wichtiger, unsportlichen und kriminellen Machenschaften
entschlossen entgegenzutreten.
"Wir
haben immer wieder erleben müssen, wie schnell fairer
und sauberer Wettbewerb in Gefahr gerät, wenn es systematische
oder absichtliche Regelverstöße, Manipulationsversuche,
Doping oder Korruption gibt. Das alles fügt dem großartigen
Image des Sports großen Schaden zu und unterhöhlt auch
die Werte, für die der Sport steht", so Bundeskanzlerin
Angela Merkel.
Die
Wahrung der Integrität des Sports war Schwerpunktthema
der 5. Weltkonferenz der Sportminister (MINEPS V) der
UNESCO, die federführend vom Bundesministerium des Innern
ausgerichtet wurde. Als weitere Themen standen auf der
Agenda: der Zugang zum Sport als grundlegendes Recht
für alle sowie die Förderung von Investitionen in Programme
für Sport und Leibeserziehung.
Teilhabe
am Sport
Jeder
Mensch muss Zugang zum Sport haben, unabhängig von ethnischer
Herkunft, kulturellem und sozialem Hintergrund, Geschlecht,
Alter und gesundheitlicher Beeinträchtigung. Sport ist
dabei auch ein Mittel zum Zweck, denn er ermöglicht
jedem Einzelnen größere Chancen auf eine aktivere Rolle
in der Gesellschaft und eine gesunde Lebensweise. Ein
wesentlicher Inhalt der Konferenz war daher die Frage,
wie Sportpolitik inklusiv gestaltet werden kann, in
Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsabkommen
wie der UN-Behindertenrechtskonvention und der UN-Konvention
zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen. Regierungen
müssen dafür sorgen, dass gesellschaftlich ausgeschlossene
Gruppen – vielerorts Mädchen und Frauen, anderswo Menschen
mit einer Behinderung – in den Breiten- und auch Leistungssport
einbezogen werden.
Der
Behindertensport hat zwar in den letzten beiden Jahrzehnten
einen großen Aufschwung erlebt, doch ist der barrierefreie
Zugang zu Sportanlagen längst nicht überall Selbstverständlichkeit,
auch nicht hierzulande. Nach Angaben der WHO gibt es
weltweit 650 Millionen Menschen mit Behinderungen.
Die
Werte des Sports stärken
Ein
Hauptanliegen der Konferenz war, Strategien im Kampf
gegen Korruption, Doping und Spiel- und Wettbetrüger
zu entwickeln und abzustimmen. Denn die Integrität des
Sports ist in hohem Maße gefährdet. Gerade die Zahl
der Wettkampfmanipulationen steigt derzeit in Besorgnis
erregendem Ausmaß. Im Februar 2013 gab Europol bekannt,
dass bei über 380 professionellen Fußballspielen versucht
worden sei, die Ergebnisse vorab zu manipulieren, weitere
300 außereuropäische Spiele wurden untersucht. Wenn
zentrale Werte wie Fair Play, Erfolg durch Leistung
und Unvorhersagbarkeit des Ausgangs von Wettkämpfen
nicht gewahrt werden, verliert der Sport genau das,
was seinen gesellschaftlichen Mehrwert ausmacht.
Bundesinnenminister
Dr. Hans-Peter Friedrich betonte, dass die Staaten gemeinsam
entschlossener gegen Spiel- und Wettbetrug vorgehen
müssten. "Der Sport lebt vom ehrlichen Wettbewerb!"
Manipulierter Sport verliere dagegen seine Magie und
jede Anziehungskraft, so Sportminister Friedrich. "Allerdings
brauchen wir zunächst mal ein gemeinsames Verständnis".
Aktuell sei man noch dabei, gemeinsam Tatbestände zu
definieren und unterschiedliche Rechtskulturen ins Gespräch
zu bringen. Er forderte einen besseren Informationsaustausch
zwischen den Staaten, den Sportverbänden und anderen
einschlägigen Akteuren.
UNESCO-Generaldirektorin
Irina Bokova betonte, dass die Wahrung der Integrität
des Sports globale Zusammenarbeit erfordere. "Sport
ist eine globale Bewegung, unsere Antwort auf die aktuellen
Herausforderungen im Sport muss ebenso globalen Maßstab
haben", sagte Bokova. Sie rief die Regierungen der UNESCO-Mitgliedstaaten
zu enger Zusammenarbeit mit den Sportverbänden auf.
Die
MINEPS V-Konferenz hat in der "Berliner Erklärung" eine
Reihe von Präventionsmaßnahmen beschlossen. Entscheidungsstrukturen
sollen transparenter und demokratischer werden, Verfahrenskodizes
sollen eingeführt werden und Sanktionen sollen erarbeitet
werden, um die Manipulation von Sportwettkämpfen zu
bekämpfen. Die Regierungen sollen die laufende Arbeit
des Europarates zur Entwicklung eines internationalen
Übereinkommens gegen die Manipulation von Sportwettkämpfen
unterstützen.
Mit
der Verabschiedung der "Berliner Erklärung" hat die
Weltsportministerkonferenz ein wichtiges Zeichen im
Kampf gegen Spiel- und Wettbetrüger gesetzt. Die Erklärung
dürfte wegweisend für die zukünftige internationale
Sportpolitik werden und neue Impulse im Kampf gegen
die organisierte Sportkriminalität geben.
Sport
als Motor für nachhaltige Entwicklung
Sport
ist ein wichtiger und rasch wachsender Wirtschaftszweig.
Rund zwei Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts
werden durch den Sport erwirtschaftet. Sportgroßveranstaltungen
können der Gesellschaft und Wirtschaft des Ausrichterlandes
beträchtliche Vorteile geben. Länder, die sich für die
Ausrichtung von großen Sportereignissen wie die Olympischen
und Paralympischen Spiele oder die Fußballweltmeisterschaft
bewerben, müssen jedoch zunehmend hohe finanzielle,
wirtschaftliche, infrastrukturelle und politische Anforderungen
erfüllen. Dies birgt die Gefahr, dass in Zukunft nur
noch eine beschränkte Anzahl an Ländern derartige Veranstaltungen
ausrichten können. Die MINEPS V-Konferenz fordert daher
in der Berliner Erklärung offene, frei zugängliche und
transparente Verfahren bei der Bewerbung um Sportgroßveranstaltungen.
Zudem sind die Anforderungen für Sportgroßveranstaltungen
kritisch zu prüfen. Künftig soll bei der gesamten Planung
und Durchführung von Sportgroßveranstaltungen auch Nachhaltigkeitsaspekten
eine größere Priorität eingeräumt werden.
Laut
den Vereinten Nationen kann Sport einen Beitrag zur
nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung leisten.
Sportangebote können sich als wertvolle Investition
erweisen, gerade für das öffentliche Gesundheitswesen
und die Integration von Migrantinnen und Migranten.
"Wir feiern Athleten und betrachten sie auf High Definition-Bildschirmen,
gleichzeitig sehen wir einen dramatischen Rückgang in
der Praxis des Sports und der Sportunterricht leidet
unter Kürzungen", so UNESCO-Generaldirektorin Irina
Bokova. Zu den Forderungen von MINEPS V gehört daher
auch, Investitionen in Sportförderung zu erhöhen. Dies
sei erforderlich nicht nur vor dem Hintergrund einer
modernen Bildungs-, Gesundheits- und Inklusionspolitik,
sondern trage auch den aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnissen über die sozioökonomischen Vorteile des
Sportunterrichts Rechnung.
"Die
Berliner Deklaration schafft eine gemeinsame Grundlage,
an den Missständen etwas zu ändern", so Bundesinnenminister
Friedrich. Nun gehe es darum, die in der Erklärung formulierten
Leitlinien in konkretes politisches Handeln umzusetzen.
Das
Bundesministerium des Innern hat gemeinsam mit der UNESCO
die Weltsportministerkonferenz vorbereitet. Dem für
die inhaltliche Gestaltung zuständigen Programmkomitee
von MINEPS V gehörten außerdem folgende Organisationen
an: die Deutsche UNESCO-Kommission, der Weltrat für
Sportwissenschaft und Leibes-/Körpererziehung, der Deutsche
Olympische Sportbund, das Internationale Paralympische
Komitee, das Internationale Olympische Komitee, die
deutsche Sportministerkonferenz, das Büro der Vereinten
Nationen für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden
(UNOSDP) sowie der Zwischenstaatliche Ausschuss für
Leibeserziehung und Sport der UNESCO (CIGEPS).
Seit
1976 organisiert die UNESCO die Weltsportministerkonferenzen
mit dem Ziel, die Werte des Sports zu fördern und seine
Rolle als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung zu
stärken. Die letzte MINEPS-Konferenz fand 2004 in Athen
statt und brachte das internationale Übereinkommen der
UNESCO gegen Doping im Sport auf den Weg – dieses Abkommen
hat mit 173 Ratifizierungen bereits die zweithöchste
Zahl an Mitgliedstaaten unter allen UNESCO-Abkommen.
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