Welterbe
in Gefahr
UNESCO
setzt drei Stätten auf die "Rote Liste"
Von
Kurt Schlünkes
Das UNESCO-Welterbekomitee hat auf seiner 38. Tagung
im Juni 2014 in Doha, Katar, drei Stätten auf die Liste
des gefährdeten Welterbes gesetzt: die Kulturlandschaft
von Süd-Jerusalem im palästinensischen Battir, die Stadt
Potosi mit ihren historischen Silberminen in Bolivien
und das Wildreservat von Selous in Tansania. Eine Stätte
konnte von der sogenannten "Roten Liste" wieder gestrichen
werden: Die Ruinen von Kilwa Kisiwani und Songo Mnara
in Tansania gelten nicht mehr als gefährdet.
Palästina
hatte bei der Nominierung der Kulturlandschaft von Süd-Jerusalem,
Battir, ein Dringlichkeitsverfahren beantragt, da die
Authentizität und Integrität der Kulturlandschaft akut
gefährdet seien. Der von Israel geplante Bau einer Sperranlage
in Battir droht die Kulturlandschaft zu zerstören. Das
Komitee stimmte dem Dringlichkeitsantrag zu: Battir
wurde in die Welterbeliste eingeschrieben und gleichzeitig
auf die Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt. Die
Kulturlandschaft in Battir ist als das "Land der Oliven
und des Weins" bekannt. Die bäuerlichen Traditionen
haben die Landschaft mit ihren charakteristischen Terrassenfeldern
und einem Jahrhunderte alten Bewässerungssystem geprägt.
Battir ist eines der wenigen Dörfer in Palästina, wo
die typische Terrassenlandwirtschaft der Region noch
lebendig ist.
Auch
die Altstadt von Potosi in Bolivien wurde als "besonders
gefährdet" eingestuft. Potosi war im 16. Jahrhundert
eine der größten Städte der Welt. Ihren Reichtum verdankte
die Stadt den großen Silbervorkommen am Berg Cerro Rico.
Seit 1987 gehört Potosi zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Bis heute werden dort noch Silber und Zinn abgebaut.
Das Komitee wies darauf hin, dass der anhaltende, unkontrollierte
Bergbaubetrieb die historische Stätte gefährde. Der
Bergbau am Cerro Rico führe zur Instabilität der Stätte
und habe bedrohliche Auswirkungen auf die Bausubstanz.
Fehlende Erhaltungsmaßnahmen und die Vernachlässigung
von Sicherheits- und Umweltvorschriften sind weitere
Gründe, die zum Eintrag in die "Rote Liste" führten.
Illegale
Jagd gefährdet Wildtierbestand in Afrikas Naturparks
Bereits
zehn afrikanische Naturparks stehen auf der Liste des
gefährdeten Welterbes. Der Hauptgrund ist ein dramatischer
Rückgang der Wildtierpopulationen. Nun wurde auch das
Wildreservat von Selous in Tansania für "besonders bedroht"
erklärt.
Das
Wildreservat Selous ist eines der bedeutendsten Tierschutzgebiete
weltweit. In dem Naturreservat leben große Populationen
von Elefanten und Schwarzen Nashörnern. Der Bestand
der Wildtiere hat sich jedoch rapide dezimiert, denn
trotz aller Schutzmaßnahmen ist in dem afrikanischen
Land die illegale Jagd auf Elfenbein immer noch weit
verbreitet. Das Welterbekomitee hat die internationale
Gemeinschaft dazu aufgerufen, die Maßnahmen im Kampf
gegen den Elfenbeinschmuggel zu verstärken und Tansania
beim Schutz seines Naturerbes zu unterstützen.
Für
Tansania gibt es aber auch eine gute Nachricht: Nach
zehn Jahren konnten die Ruinen von Kilwa Kisiwani und
Songo Mnara aus der Liste des gefährdeten Welterbes
gestrichen werden. Das Welterbekomitee lobte die großen
Fortschritte, die sowohl bei der Erhaltung der Kulturstätten
als auch beim Management erzielt worden seien. Kilwa
Kisiwani und Songo Mnara waren ehemals bedeutende Handelsstädte
der Swahili. Ihre Blütezeit erlebten sie zwischen dem
13. und 16. Jahrhundert, als sie durch den Goldhandel
zu großem Wohlstand gelangten. Hiervon zeugen die Überreste
einstiger Prachtbauten wie der frühere Sultanspalast
und die Große Moschee in Kilwa Kisiwani. Dank verbesserter
Schutzmaßnahmen konnte der Verfall dieser historischen
Bauwerke gestoppt werden. Tansania hat damit die Anforderungen
des Welterbekomitees erfüllt.
Entscheidung
zum Great Barrier Reef vertagt
Die
Entscheidung, ob das Große Barriere-Riff in die Liste
des bedrohten Welterbes eingeschrieben werden soll,
wurde um ein Jahr aufgeschoben. Die Landwirtschaft und
der Ausbau mehrerer Häfen an der Küste Queenslands haben
dem Riff zugesetzt. Mehr als die Hälfte der Korallen
wurde in den vergangenen dreißig Jahren zerstört. Das
Komitee äußerte erneut ernsthafte Bedenken über den
Erhaltungszustand des Weltnaturerbes, würdigte aber
auch die Fortschritte, die durch ein verbessertes Management
erzielt worden seien. Das Komitee forderte die australische
Regierung auf, bis zum 1. Februar 2015 einen aktualisierten
Erhaltungsplan vorzulegen. Auf seiner nächsten Tagung
im Sommer 2015 wird das Komitee erneut über den Erhaltungsstatus
des Great Barrier Reef beraten.
Auf
der Liste des gefährdeten Welterbes stehen jetzt insgesamt
46 Stätten. Dazu zählen weiterhin auch die Kulturlandschaft
des Bamiyan-Tals in Afghanistan, das Grabmal von Askia
in Mali und die sechs Weltkulturerbestätten Syriens.
Nach Artikel 11 der Welterbekonvention werden in die
Liste Stätten aufgenommen, die infolge von Krieg oder
Naturkatastrophen, durch Verfall, touristische Übernutzung
oder Bauprojekte ernsthaft bedroht sind. Mit der Eintragung
in die sogenannte "Rote Liste" will die UNESCO die Aufmerksamkeit
der politisch Verantwortlichen wecken und die Staatengemeinschaft
zur Unterstützung von internationalen Rettungsmaßnahmen
bewegen. Die Liste des gefährdeten Welterbes wird jährlich
auf der Tagung des Welterbekomitees überprüft.
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